Ökologische Kleinkatastrophe in Niederhadamar – hohe Mikroplastikemissionen durch Kunstrasenplatz

Seit vielen Jahren besteht der Kunstrasenplatz in Niederhadamar. Ein Kunstrasenplatz hat durchaus viele Vorteile, denn er ist pflegeleicht, robust, es besteht ein geringeres Verletzungsrisiko sowie ist er ganzjährig bespielbar. Um ganzjährig zu spielen, bräuchte der ‚SV Rot-Weiß Hadamar‘ ohne Kunstrasenplätze ein höhere Anzahl an Rasenplätzen, da diese wegen der Regeneration der Grasnarbe nicht immer bespielbar wären. Auch unter dem Aspekt des geringeren Landverbrauchs ist ein Kunstrasenplatz ebenfalls positiv zu betrachten.

 

Jedoch so einfach ist es leider nicht. Nach einer Erhebung des renommierten Fraunhofer-Instituts werden allein in Deutschland jedes Jahr 11 000 Tonnen (!) Mikroplastik (Plastikpartikel <2 mm) über Kunstrasenplätze an die Umwelt abgegeben - sieben Mal mehr als durch Kosmetika (siehe 1, 2 unten). Für ganz Hadamar und Umgebung, aber vor allem für Niederhadamar mit einem solchen Platz in unmittelbarer Nähe kann sich das jährlich auf einige Tonnen der winzigen Partikel, die über Gewässer in die Nahrungskette und in die Lungen gelangen und sich kilometerweit über die Luft verbreiten, belaufen (Schätzungen des Fraunhofer-Institut gehen bei einem Kunstrasenplatz von bis zu 15 t Mikroplastik-Emissionen pro Jahr aus, andere Untersuchungen gehen allerdings von deutlich weniger aus, siehe 3). Das Mikroplastik entsteht nicht nur von den grünen, den Grashalmen nachempfundenen Plastikstängeln, sondern vor allem aus dem Granulat, das als Füll- und Dämmstoff auf den mehrschichtigen Bodenbelag aufgetragen und jährlich erneuert werden muss. Das alleine ist schon für die Anwohner in der unmittelbaren Nähe nicht besonders angenehm zu wissen, dass sie von Mikroplastikteilchen regelrecht umgeben sind.

 

Es gibt jedoch noch ein weiteres Problem mit dem Plastikgranulat. Der Trägerverein des Kunstrasenplatzes die ‚SV Rot-Weiß Hadamar‘ lässt das Laub, das vom Kunstrasenplatz zusammengeharkt wird um die Spielbarkeit des Platzes zu gewährleisten, am Rande des Platzes in der freien Natur ansammeln. Dass das Laub mit dem Plastikgranulat kontaminiert ist (siehe Fotos) wird wissentlich ignoriert. Dieses seit vielen Jahren so praktizierte „Entsorgen“ stellt ein zusätzliches großes Umweltproblem dar. Eine direkte Entsorgung in einem Container und Abfuhr in den Restmüll wäre hier die richtige Entsorgung. Nur so kann verhindert werden, dass sich das ohnehin bestehende gravierende Umweltproblem durch den Kunstrasenplatz nicht ins Unendliche entwickelt. Eine Ortsbesichtigung am 20.12.2020 hat ergeben, dass der kontaminierte Laubhaufen sich seit dem letzten Jahr etwa verdoppelt hat und sich das Granulat großflächig um den Laubhaufen verbreitete. Nach einem Gespräch mit dem Präsidenten von ‚SV Rot-Weiß Hadamar‘ Rainer Druck, wurde dann das kontaminierte Laub relativ zeitnah entsorgt. Dabei wurde der Laubhaufen abgefahren, das Plastikgranulat wurde aber nicht vollständig abgetragen. Der Boden an dieser Stelle ist nun für mehrere hundert Jahre kontaminiert. Für die vollständige Beseitigung müsste der Boden in diesem Bereich komplett ausgetauscht werden, was wiederum einen schwerwiegenden Eingriff in das natürliche Bodengefüge und den Wurzelraum der umstehenden Bäume darstellen würde. Wir hoffen, dass das mit Plastikgranulat kontaminierte Laub nicht auf die Grünschnittdeponie verfrachtet wurde, wo das Granulat die Umwelt wie oben beschrieben belastet.

 

Man kann sich die Frage stellen, ob ‚Rot-Weiß Hadamar‘ und die Stadt Hadamar so viel Geld in die Erweiterung des Sportplatzes gesteckt haben, dass das Geld für die sachgerechte Entsorgung der Kunstrasenplatzhinterlassenschaften eingespart werden musste. Wir als BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN finden dies, ob es an monetären Gründen oder an mangelndem Umweltbewusstsein liegt, so oder so bedauerlich. Zudem befürchten wir, dass sich mit der Verdopplung der Sportplatzfläche durch die geplante Erweiterung dann wohl auch die Menge des illegal verklappten Mülls im Niederhadamer Wald verdoppeln wird?!

 

Ein Verein wie Rot-Weiß Hadamar hat eine Vorbildfunktion. Dieser wird er allerdings keineswegs gerecht - im Gegenteil: Er begibt sich herab auf das Niveau derer, die regelmäßig in Nacht-und-Nebel-Aktionen Müllsäcke in die freie Landschaft werfen. Wir fordern die Verantwortlichen von Rot-Weiß Hadamar und der Stadt auf, diesen Missstand grundlegend und professionell zu beheben und nicht erst nach Aufforderung umweltbewusster Bürger:innen!


Außerdem appellieren wir an die Verantwortlichen ein zeitgemäßes Umweltbewusstsein in dieser Angelegenheit zu entwickeln. Es gibt alternative Granulate wie zum Beispiel ein Kunstrasen aus Quarzsand (siehe unter 2). Die Natur und die Umwelt gehören uns allen und auf die Gesundheit der Bürger:innen und vor allem auf die der Kinder Hadamars sollte in besonderem Maße geachtet werden! ‚Rot-Weiß Hadamar‘ kann mit der Errichtung des weiteren Kunstrasenplatzes unter ökologischen Gesichtspunkten zu einem Vorbild für alle werden.

Sabine Hirler, Josephine Roßbach     23.12.2020
BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Ortsverband Hadamar-Dornburg

1 SZ „Kicken auf Hanf“, Artikel vom 12. April 2019,  Zugriff: 22.12.2020
2 SZ „Kunstrasen als ökologische Kleinkatastrophe“, Artikel vom 25. April 2019, Zugriff: 22.12.2020

3 Spektrum.de "Die Kunstrasen-Kontroverse", Artikel vom 08.09.2019, Zugriff: 03.01.2020