Positionspapier zu Straßenausbaubeiträgen in Hadamar, OV Bündnis 90/Die Grünen
Grundsätzliches
Durch die coronabedingte Minderung geringerer Zuweisung aus dem Finanzausgleich für Städte und Gemeinden (z.B. anteilige Ekst.) stehen der Stadt Hadamar schwere finanzielle
Zeiten bevor.
In diesen Zeiten von Corona von der Stadt Hadamar die Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen zu verlangen oder eine Übernahme von Teilkosten der überbordenden Gebühren zur grundhaften Sanierung
in der Obergasse in Niederzeuzheim, ist ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt.
Die Stadtkämmerei (NNP vom 4.11.2020) geht von einem Einnahmeausfall von 504.000 € für 2020 aus. Eine Unterstützung aus dem vor kurzem beschlossenen milliardenschweren Corona-Hilfsprogramm für
hessische Kommunen wäre wünschenswert.
Die Mehrzahl der Bundesländer haben den Straßenausbaubeitrag abgeschafft und viele wohlhabendere Städte und Gemeinden in Hessen füllen mit dieser Abgabe schon lange nicht mehr ihren Stadtsäckel.
Auf der anderen Seite führen hessische Kommunen, die bisher keine Straßenausbausatzung umgesetzt haben, diese durch wiederkehrende Straßenbeiträge ein.
Transparenz in der Berechnung Obergasse/ Niederzeuzheim
Einige Vertreter*innen unterschiedlicher Fraktionen hatten wohl seit dem letzten Treffen der BI Niederzeuzheim wehrt sich am 8.10.2020 Einsicht in die Kostenrechnung zur grundhaften Erneuerung
der Obergasse. Es scheint alles korrekt zu sein, denn man hört nichts Gegenteiliges?!
Nichtsdestotrotz bleibt die Stadt Hadamar den betroffenen und interessierten Bürgern*innen eine transparente Analyse der Kosten in der jetzt sanierten Obergasse in Niederzeuzheim
schuldig. Die Steigerung von fast 300% der ursprünglich geplanten Kosten auf 23,90 €/m² ist schwindelerregend, wenn in den Jahren zuvor pro Quadratmeter durchschnittlich 7 € bezahlt werden
musste. Laut BM Ruoff ist die Entsorgung von 600 t belastetem Material „...Kostentreiber Nummer eins.“ und soll den Anwohnern nicht in Rechnung gestellt werden. Ein Witz, wenn im Nachgang
herauskommt, dass sich die Kosten für das belastete Material auf lediglich auf 0,50 €/m² belaufen und das Ganze wohl mehr als ein Versuch der Augenwischerei oder fachlicher Inkompetenz betrachtet
werden kann.
Die Betroffenen wird das „Entgegenkommen“ der Stadtverwaltung wenig trösten, wenn sie die Kosten über 20 Jahre zu geringsten Zinsen abstottern können. Manche Anwohner werden die letzte Rate aus
Altersgründen wohl nicht mehr erleben.
Gutachterliche Suche nach Planungsfehlern und Kostentreibern, Obergasse/Niederzeuzheim
Nur eine fundierte Abweichungsanalyse kann den Kostentreiber für die horrende Steigerung der Straßenausbaubeiträge finden.
Sollte es sich um einen Planungsfehler handeln, so muss angenommen werden, dass sich die Stadt Hadamar nicht an das Gebot der Wirtschaftlichkeit gehalten und dadurch erhebliche Mehrkosten
verursacht hat.
Aber warum sollten nun ohne eine gutachterliche Kostenanalyse die Bewohner*innen der Obergasse diese abweichenden Beträge zahlen? Falls es sich hier um einen städtischen Fehler in der
Ausschreibung handeln sollte, würden entsprechend niedrige Beiträge greifen, da den Anwohnern die Fehler der Stadt Hadamar nicht aufzubürden sind (BayVGH, Beschluss vom 1.9.2016 – 6 ZB 16.798,
juris).
Per definitionem besteht die grundhafte Erneuerung aus sechs Bauschichten mit einer kompletten Auskofferung der Straße. Ausschreibungen werden entsprechend dieser Grundlage verfasst und die
Angebote der Firmen bewertet.
Somit stellt sich wieder die Forderung nach einer Abweichungsanalyse:
- Was ging bei der Bewertung der Angebote schief? Es ist doch nicht die erste Ausschreibung, die von der Stadt bei einem Planungsbüro für Straßenausbau in Auftrag gegeben wurde!
- Gab es Probleme das Leistungsverzeichnis der Angebote richtig zu lesen und die Kosten korrekt anzusetzen? Diese falsche Berechnung kann der Grund dafür sein, dass der Berechnungsschlüssel pro Quadratmeter von 7 € auf 23,90 € in die Höhe schoss.
- Steht den Grundstückeigentümer*innen der Mainzer Landstraße nun ebenfalls eine intransparente Gebührenrechnung für die grundhafte Erneuerung ins Haus? Und warum sollen die Grundstückeigentümer der Nebenstraßen ebenfalls für die Mainzer Landstraße zur Kasse gebeten werden, auch wenn dies rechtens wäre?
Politische Initiativen aus dem Stadtparlament
- Die FWG bevorzugt eine allgemeine Deckelung auf 15 €/m². Wie die Stadt Hadamar den in die Hunderttausende gehenden Fehlbetrag finanzieren könnte, scheint bei der momentanen Haushaltslage grundsätzlich problematisch.
- Die Fraktion von „WfH“ stellt sich breit auf und will im Haupt- und Finanzausschuss unterschiedliche Modelle der Umsetzung prüfen lassen.
- Die CDU verantwortet eine Politik der Hartleibigkeit in puncto Obergasse und blockiert eine tief gehende Analyse der Kostenentwicklung (siehe Leserbrief Bernhard Pietsch, NNP vom 13.11.2020).
- Ein umsetzbares Gebührenmodell schlägt die SPD-Fraktion neben weiteren Möglichkeiten vor. Mittels der sogenannten wiederkehrenden Beiträge würden anfallende Gesamtkosten zur Straßensanierung von allen Grundstückseigentümern getragen werden.
Das Modell der wiederkehrenden Straßenbeiträge erschließt sich auch uns Grünen, die wir noch nicht im Stadtparlament vertreten sind. Es stellt sich zum jetzigen Zeitpunkt als eine
schlüssigere Möglichkeit dar, kurzfristig eine Änderung für die Bürger*innen zu erwirken, als auf eine in den Sternen stehende Übernahme der Kosten vom Land zu warten. Eine
finanzielle Staffelung für Grundstücksbesitzer, die zum Beispiel in den letzten 15 Jahren die Straßenausbaubeiträge bezahlen mussten, würde eine gerechte Umsetzung ermöglichen. Ein Beispiel für
die Einführung von wiederkehrenden Straßenbeiträgen, zeigt die von der Einwohnerzahl vergleichbare Stadt Rosbach vor der Höhe in der Wetterau (siehe Homepage der Stadt Rosbach vor der Höhe, Zugriff: 15.11.2020), die die
wiederkehrenden Straßenbeiträge mit der Grundsteuer auf Basis einer Zustandsklassenkategorisierung jeder Straße seit 2016 erhebt. Die Kosten belaufen sich auf 100 bis 200 € pro Jahr.
Der OV Bündnis 90/Die Grünen fordert:
- Einen offenen Umgang mit den betroffenen Anliegern der Obergasse durch die Stadtverwaltung und die entsprechenden Gremien und Ämter. Wir fordern, dass den Anlieger*innen der Obergasse eine allgemein verständliche Kostenauflistung für die grundhafte Erneuerung der Obergasse vorgelegt wird. Die Verwaltung sollte den Interessen der Bürger*innen dienen und nicht umgekehrt!
- Eine Analyse der Kostenabweichungen durch einen Gutachter. Die Analyse wird durch die Differenz zwischen den Planungskosten und den Ist-Kosten errechnet. Wir vermuten, dass hier des Pudels Kern liegt, da Abweichungen außerhalb der Norm auf Planungsfehler hinweisen würden.
- Die Verwaltung der Stadt Hadamar hat es in den vergangenen Jahrzehnten versäumt, ihre Straßen nach straßenbaurechtlichen Empfehlungen zu pflegen und zu unterhalten. Natürlich ist die Instandhaltung der Straßen sehr teuer. Allseits bekannt ist, dass Kommunen auf längere Sicht viel Geld sparen, wenn sie kontinuierlich über die Zeit ihre Straßen auch bei kleineren Schäden reparieren. Wenn Straßen erst nach 40 Jahren oder wie in der Obergasse nach 60 Jahren saniert werden, können kostspieligere Folgeschäden im Straßenaufbau vermieden werden. Eine vorausschauende und nachhaltige Strategie der Straßensanierung wirkt sich langfristig positiv für den Stadthaushalt aus. Wir fordern längerfristig den Umstieg in eine vorausschauende und nachhaltige Straßensanierungspraxis.
- Für alle Grundstücksbesitzer*innen scheint es am sinnvollsten, wenn die Straßenausbaubeiträge zum großen Teil aus dem Haushalt des Landes abgesichert werden könnten. In der momentanen Situation bleibt dies jedoch abzuwarten
Wir sind überzeugt, dass in Hadamar auf eine bürgerfreundlichere Umsetzung wie zum Beispiel auf die solidarisch wiederkehrenden
Straßenbeiträge hingearbeitet werden soll.
Sabine Hirler, Vorsitzende OV Hadamar/Dornburg, Bündnis 90/Die Grünen
Lesen Sie auch Heike Lachnits Kommentar im HL-Journal: Link.