Grüne Gesundheitspolitische Podiumsdiskussion

 

Bestehende und künftige Defizite medizinischer Versorgung im Kreis Limburg-Weilburg haben politische Gründe und erfordern entsprechende Konsequenzen.

 

(Foto: v.l.n.r. Frank Dastych, Guido Wernert, Christoph Speier, Marcus Bocklet)

 

 

 

MdL Marcus Bocklet diskutierte mit Chefs der Kassenärztlichen Vereinigung und St. Vincenz Klinik über die Zukunft der medizinischen Versorgung im Landkreis Limburg-Weilburg und möglichen Flankenschutz des Landes.

 

Ohne wichtige Akteure im gesundheitspolitischen Geschäft wollte der hessische Landtagsabgeordnete Marcus Bocklet, stellvertretender Fraktionsvorsitzenden und gesundheitspolitischer Sprecher von BÜNDNIS´90/DIE GRÜNEN im Wiesbadener Parlament, während des Forums am 21. November in Hadamar die Konzeption und Vorstellungen seiner Partei nicht vortragen.

 

So kam es zu einer lebendigen Diskussion, an der sich neben dem in der Sache „schwergewichtigen“ Frank Dastych aus Frankfurt/Main als Vorstandsvorsitzender der hessischen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und Guido Werner, in Personalunion Geschäftsführer der St. Vincenz Krankenhausbetriebs in Limburg wie auch des Medizinischen Versorgungszentrums St. Anna auch der bekannte Hausarzt  Dr. Thomas Schmitt aus Hintermeilingen sowie andere Ärztinnen, Ärzte und Krankenschwesterinnen  wie Betroffene beteiligten.

 

Der Widerspruch zwischen der gesetzlich abgeleiteten Statistik, die – wie Frank Dastyh im Detail vorrechnete - eine ausreichende ärztliche Versorgung  im Landkreis Limburg-Weilburg nachweist, und den „gefühlten“ Schwierigkeiten bei der Suche fachärztlicher Versorgung  konnten nicht aufgelöst werden. Nur für den Oberlahn und Bad Camberg (nur zu 82% hausärztlich notwendige Versorgung gesichert) stimmten die vorgetragenen Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung mit echt erlebten Erfahrungshorizont der Bevölkerung überein. Die vorgegebene rechtliche Maßzahl für niedergelassene Hausärzte (eine hausärztliche Niederlassung auf 1.609 Einwohner*innen) wird nach Hinweisen aus dem Publikum des Abends, insbesondere von Gemeindevertretern in Beselich und noch nicht in der Stadtverordnetenversammlung  vertretenen Hadamarer Grünen nicht erreicht. Nach den Daten von Herrn Dastych jedenfalls gibt es derzeit im Landkreis 113 hausärztliche Niederlassungen (85 im ehemaligen Kreis Limburg, 28 im vormaligen Oberlahn) und im Laufe der nächsten acht Jahre werden davon 75% der Inhaber*innen in Ruhestand wechseln müssen (bei den Fachärzt*innen sind es 50%). Bei den Facharztpraxen löste sich ein Rätsel, denn nach dem Gesetz zählt notwendige kardiologische Versorgung nicht dazu. Sie gilt als „speziell“ und weist nur die Berechtigung von fünf Niederlassungen im Kreis aus, womit sich die „Terminenge“ bei von Herz- und Kreislaufproblemen betroffenen Menschen erklärt. Schon heute bleiben im Landkreis zudem nicht wenige „Arztsitze“ für Augen-, HNO- und Kinderärzte*innen sowie Urologen unbesetzt.

 

Klage: Ärztliches Handeln wird über kontrolliert

 

Nicht unerwähnt bleiben soll die scharfe Kritik der anwesenden Ärztinnen und Ärzte an dem auf sie ausgeübten bürokratischen Kontrolldruck und den Ansätzen des Bundesgesundheitsministers Spahn (CDU), wie zum Beispiel mit dem Gesetz der übergeordneten Terminerzwingung. Ein Arzt aus dem St. Anna Gesundheitszentrum wünschte sich wieder mehr Vertrauen in seine Tätigkeit auch von staatlicher Seite. Dr. Schmitt monierte die fehlende Steuerung von Patientenirrationalität und das zunehmend unberechenbarere Regressverhaltens der Krankenkassen bei der Bezahlung ärztlicher Leistungen.

 

An dieser Stelle machte der Landtagsabgeordnete Marcus Bocklet darauf aufmerksam, dass im bundesdeutschen Gesundheitssystem über 500 Milliarden Euro zur Verfügung und damit ausstehende Mittel zur Verfügung stehen. Aus seiner Sicht sollten im Prozess einer gesellschaftlichen Aushandlung von lokaler bis Bundesebene die „Fehlanreize im System“ erörtert und Schritt für Schritt aufgehoben werden.

 

Lokale Medizinische Versorgungszentren (MVZ) als Zukunft sicherer Versorgung

 

Auch wenn in der Absicht der Veranstalterin die Entwicklung des Gesundheitszentrums St. Anna in Hadamar und seine gute Perspektive mit acht Praxen im Vordergrund stehen sollte, machten Gemeindevertreter der Beselicher „Bürgerliste“ ihr Ansinnen auf ein MVZ zum Thema, um das sie mit ihrem Bürgermeister ringen. Guido Wernert, der über die Limburger St. Vincenz Klinik auch das St. Anna unter seinen Fittichen trägt, überraschte damit, an der Planung in Beselich intensiv beteiligt gewesen zu sein. Gescheitert sei das Projekt bisher an der fehlenden Kooperationsbereitschaft der vor Ort tätigen Ärzte.

 

Insgesamt flammte bei der Diskussion um die klinische Versorgung im Landkreis (Betten in Limburg: 508, in Weilburg: 138 und in Weilmünster: 37) noch einmal die Diskussion auf. Im Raum standen die Absicherung ärztlicher Bereitschaftsdienste, um Versorgungsdruck auf die Kliniken vor allem am Wochenende heraus zu nehmen, sowie die ökonomische Effizienz der Kliniken und Ansätze wie das hessische Förderprogramm „Gemeindeschwestern 2.0“.

 

„Regionale Gesundheitskonferenz“ im Kreis beleben

 

Der letzte „Gesundheitsreport“ der Kassenärztlichen Vereinigung und des Hessischen Gesundheitsministerium für den Landkreis Limburg-Weilburg wurde 2014 erstellt. Noch länger liegt zur politischen Verständigung die Nutzung einer im Krankenhausgesetz vorgesehenen „regionalen Gesundheitskonferenz“ zurück.

 

Der Landtagsabgeordnete Marcus Bocklet empfahl nicht nur angesichts der an dem Abend zu Tage getretenen Widersprüche und unterschiedlichen Interessen zu mehr Dialog und „strukturiertem“ Handeln auf Kreisebene auf.

 

Der neue grüne Sozialminister Kai Klose habe aktuell die Zuschüsse für die 125 hessischen Krankenhäuser um 13 Prozent (plus 285 Millionen Euro), um den Spielraum für Investitionen zu erhöhen, und ergänzende Förderungen im ländlichen Raum anheben können. Auch wenn in der Gesundheits- wie in der Klimapolitik auf Bundesebene die meisten Vorgaben gemacht würden, sollten die hessischen Angebot und Chancen stärker genutzt werden.

 

cs/24112019