
Interessierte Hadamarer Bürgerinnen und Bürgern nutzten am 1. Oktober 2019 die Gelegenheit, sich mit der finanziellen Situation ihres Gemeinwesens vertraut zu machen.
Der noch nicht im Parlament der Stadt vertretene BÜNDNIS´90/DIE GRÜNEN Ortsverband erörterte in seiner öffentlichen Dienstagsgesellschaft im Rathaus Café mit sachkundiger
Unterstützung eines Mitarbeiters der Stadtkämmerei Zahlen und Inhalt auf Basis des Jahresabschlusses 2018 mit einem Ausblick auf das laufende Jahr.
Woher kommen die Einnahmen?
Von den vom Finanzamt erhobenen sogenannten Gemeinschaftssteuern bekommen die Städte von der Körperschaftssteuer nichts, von der Mehrwertsteuer 2,2%, von Steuern auf Zinsgewinne und Veräußerungsgeschäfte 12% und der Lohn- und Einkommenssteuer 15%.
Zur zuletzt genannten Steuer gingen 2018 bei der Stadt Hadamar 5,6 Millionen Euro ein.
Es ist die größte Quelle der 10,3 Millionen Euro Steuereinnahmen im vergangenen Jahr.
In dem Beitrag sind noch 2,9 Millionen Gewerbe- und 1,4 Millionen Grundsteuer für Immobilien sowie Einnahmen einer sogenannte Bagatellsteuer (für Hundebesitzer*innen), die die Stadt aus eigenem Steuerrecht erhebt, enthalten.
Der Jahresabschluss der Stadt weist 2018 andererseits Einnahmen von fast 23 Millionen Euro aus. Abzüglich der 10,3 Millionen Steuereinnahmen kommen 12,7 Millionen Euro auf anderen Wegen in
den städtischen Haushalt. Hier fließen vor allem Mittel aus den „Schlüsselzuweisungen“ des Landes (sechs Millionen Euro), dem Familienausgleich und u.a. Gebühren Dritter für die
Durchleitung von Strom und Gas.
Zuflüsse aus Fonds der Europäischen Kommission oder des Europäischen Sozialfonds (ESF) gibt es nicht.
Und wo geht das Geld hin?
Die in 2018 erfolgten Ausgaben in Höhe von 22 Millionen Ausgaben teilen sich wie folgt auf
Umlageverpflichtungen (wie Schul- oder Kreisumlage) - 9 Mio €
Personalkosten der Stadt (63 Arbeitsplätze) - 3,7 Mio €
Sachkosten - 3 Mio €
Zinsen für Investitionskredite - 0,7 Mio €
Rentenvorsorge - 0,6 Mio €
Zuschüsse für Kindergärten - 1,8 Mio €
Zuschüsse an den Abwasserverband - 1,5 Mio €
Abschreibungen - 1,7 Mio €
Bei genauerer Betrachtung zahlt die Stadt Hadamar an den Landkreis Limburg-Weilburg zwei Millionen Euro mehr als sie im Ausgleich der sogenannten Schlüsselzuweisungen gegen rechnen kann.
Insgesamt wird der Ergebnishaushalt (vergleichbar einer Gewinn- und Verlustrechnung) auch 2019 ausgeglichen sein (2018: mit plus 400 TEUR).
Im Finanzhaushalt (vergleichbar: Bilanz) kann die Stadt ein Vermögen in Form von Immobilien, Straßen- und anderen Flächen in Höhe von 50 Millionen Euro bilanzieren.
Die noch vor wenigen Jahren existierende Verschuldung mit schwer rückzahlbaren „Kassenkrediten“ (eine Kommune muss bei Kreditaufnahmen keine Sicherheiten hinterlegen) konnte angesichts deutlich gesteigerter Einnahmen aus dem Anteil an der Lohn-, Einkommenssteuer und Gewerbesteuer seit 2009 beendet werden.
In den letzten zehn Jahren stiegen in Hadamar die Steuerzahlungen aus Lohn/Einkommen der Bürgerinnen und Bürger um 51% und die Gewerbesteuer der hiesigen Betriebe um 41%.
Das war vor allem ein Ergebnis der guten wirtschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland nach der letzten konjunkturellen Krise 2007/2008.
Auch die Hadamarer*innen haben davon deutlich profitieren können.
Nach der Entschuldung kommt frisches Geld aus der „Hessenkasse“
Angesichts dieser positiven Entwicklung stehen der Stadt Hadamar ab 2020 Sonderzahlungen aus der sogenannten Hessenkasse zu.
Die „Hessenkasse“ war ursprünglich ein erfolgreiches Programm der Wiesbadener Regierung zur Entschuldung verarmter Gemeinden und Städte im Land.
Nun können insgesamt 700 Millionen nicht rückzahlbarer Förderungen ausgezahlt werden, wobei die jeweilige geförderte Stadt oder Gemeinde selbst zehn Prozent zum Förderbeitrag aufbringen muss.
Wenn auch die Stadt Hadamar sich entschulden konnte, besitzt sie noch keine größeren Rücklagen, aus der der Eigenanteil bezahlt werden könnte. Sie kann sich allerdings auf dem Kapitalmarkt fast
ohne Verzinsung langfristig entsprechende Mittel beschaffen.
Aus der „Hessenkasse“- Förderung werden der Stadt ab dem nächsten Jahr 3,4 Millionen Euro zufließen. Davon soll die mit 925 TEUR geplante Unterstützung für den Bau des neuen „Rot-Weiß“-Stadions
in Niederhadamar mit 832,5 TEUR aus der „Hessenkasse“ und mit 92,5 TEUR aus Eigenmitteln der Stadt finanziert werden.
Über die Verwendung der restlichen 2,57 Millionen Euro wird noch bei der Aufstellung des Haushaltes 2020/2021 im Hauptausschuss und im Stadtparlament verhandelt.
Fazit
Es ist erfreulich, dass die Stadt Hadamar ihren Haushalt sanieren konnte, und zu hoffen, dass der sich abzeichnende wirtschaftliche Abschwung nicht zu neuer Arbeitslosigkeit und damit zu
geringeren Einnahmen bei der Lohn- und Einkommenssteuern führen wird.
Die Gäste der Dienstagsgesellschaften diskutierten noch lebhaft alternative Verwendungen öffentlicher Mittel zur Förderung klimaneutraler Investitionen, wie zur Wiederaufforstung im
Stadtwald, öffentlicher Verkehrsangebote und Umsetzung des bereits 2017 vom NABU Hadamar vorgeschlagenen Biodiversitätskonzepts.
Der Vorstand des grünen Ortsverbandes verwies darauf, dass er sich zunächst nur punktuell zu kommunalen Finanzen äußern, aber im Programm zur nächsten Wahl im Frühjahr 2021 seine
sozial-ökologischen Vorstellungen vorstellen wird. Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger an hadamar@gruene-limburg-weilburg.de sind dazu willkommen.
chs/03102019
Bild: Christoph Speier